Ein flotter Beginn mit einer typischen Rossini Ouvertüre, dann ein sehr schönes Tripelkonzert. Ausgezeichnete junge Solisten, einer besser als der andere, dazu ein animiert aufspielendes Kammerochester unter Markus Poschner. Nach der Pause ein sehr schöner Schubert.
Leider waren eine zeitlang, vor allem im ersten Satz die Hörner zu laut.
Allgemein war es bläserlastig, da die Streicher nur in kleiner Besetzung (3 Bässe) spielten.
Die Solisten alle mit Österreich-Bezug, der Geiger Yevgeny Chepovetsky kam mit 12 nach Wien, die Cellistin Julia Hagen ist aus Salzburg, der Pianist Aaron Pilsan aus Vorarlberg. Alle Jahrgang 1995
Auszug aus dem Programm:
Das von der Partitur Vorausgesetzte war 1825
in Wien noch längst nicht Realität geworden. Auf welche Art, so könnte man
fragen, vermag denn überhaupt notierte Musik ideale Bedingungen für ihre
Realisation anzudeuten? Nun, Schubert konzipierte, um beim Naheliegendsten zu
beginnen, in riesigen Dimensionen (man denke an Schumanns berühmtes Wort von
der »himmlischen Länge«). Der erste Satz hat über 800 Takte (zum Vergleich: der
erste von Beethovens Neunter »nur« an die
550), das Finale gar über 1.500. In diesen Takten passiert freilich
vergleichsweise wenig. Über weite Partien ist die Musik durch recht bedächtigen
Harmoniewechsel gekennzeichnet, z. B. in der Schlussgruppe des ersten Satzes:
10 Takte Es-Dur, 4 as-moll, 4 Es-Dur, 4 as-moll, 4 H-Dur, 4 e-moll usw. Und in
diesen 30 Takten erklingen wirklich nur diese vier verschiedenen Harmonien, es
handelt sich um Akkordflächen von zuvor unbekannter Ausdehnung. Auch im Finale
wird erst nach 14 Takten der 0-Dur-Dreiklang verlassen, aber dieser kolossale
Satz gibt ein weiteres auffälliges Konstruktionsprinzip zu erkennen: Die
wirklich wahrgenommene Zählzeit (der »Puls«) und der notierte Takt (2/4 in
rasendem Allegro vivace) fallen hier zusammen. Da der Puls einen mäßig bewegten
Vierertakt markiert, entsprechen 88 notierte 2/4-Takte des Seitensatzes in der
Wahrnehmung bloß 22 4/2-Takten in relativ gemächlichem Tempo.
Diese
ungewöhnliche Notierung mag auf den ersten Blick nicht sehr bedeutungsvoll
erscheinen, doch Schubert erreichte damit zweierlei: Einmal erklingen so die
Melodien (und es ist durchaus gerechtfertigt, hier von '>Melodien« und nicht
wie sonst bei Sonatensätzen bloß von »Themen« zu sprechen) in breitem,
liedmäßigem Cantabile, ohne dass darum zweitens der Eindruck eines drängend
voranstürmenden Allegros verloren ginge. Schuberts Musik artikuliert sich hier
sozusagen gleichzeitig auf zwei Ebenen: dem gesanglichen Melos der Hauptstimme
und der rasenden Beweglichkeit der Begleitstimmen. Der Vergleich mit manchen
seiner Lieder mag nahe liegen, doch in der Symphonie gelingt es Schubert,
seinen Melo-dien durch diese Technik den überwältigenden Charakter des
Grandiosen, des gelassen Majestätischen zu verleihen, ohne sie plump oder
schwerfällig erscheinen zu lassen.
Der
Eindruck des Grandiosen wird durch die ungewöhnliche »Leere« der Partitur noch
verstärkt. Mit der Detailarbeit eines ausgefeilten kontrapunktischen Satzes mit
obligaten Nebenstimmen und differenzierter motivischer Verflechtung hat sich
Schubert hier nicht abgemüht, nur selten (am deutlichsten im zweiten Satz)
erklingen zwei Melodiezüge gleichzeitig.
Diese
auffällig schlichte Stilisierung (Verzicht auf kontrapunktische und motivische
Arbeit, langsame harmonische Entwicklung und eingängige Kantabilität der
Melodien) muss allerdings entgegen unseren Erwartungen - anfänglich dem
Publikum ungewohnte Schwierigkeiten bereitet haben. Was uns heute wie allzu bereitwilliges Eingehen auf den
Geschmack nicht sonderlich gebildeter Hörer erscheinen kann, mag seiner-zeit
fast wie ein Affront gewirkt haben. Der Konzertbesuch galt ja als eine Form der
Unterhaltung. Der klassische symphonische Stil hatte sich in der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts gera-de deshalb entwickelt, weil die Komponisten vor der
neuartigen Aufgabe standen, ein ungewohnt großes, ungewohnt
ungebildetes und ungewohnt unterhaltungssüchtiges Publikum mit Kompositionen zu
fesseln, die ohne Vorbereitung durch Konzertführer und dergleichen belehrende
Hilfsmittel sofort Aufmerksamkeit und Gefallen erregen mussten. Die hochdramatische,
abwechlungsreiche Schreibart der klassischen Symphonie mit ihrer Überfülle
kontrastierender Themen und jäher Modulationen war die überzeugende
musikalische Antwort auf diese schwierige Aufgabe. In Schuberts Symphonie aber,
so schlicht sie auch immer sein mochte, gab es gerade zu wenig Unterhaltendes
und Überraschendes. Schuberts Musik ist paradoxerweise einfach, weil sie eben
nicht bloß unterhalten will, sondern als Kunstgegenstand in autonomer
ästhetischer An-dacht gewürdigt werden möchte. Im biedermeierlichen Konzertbetrieb
mochte sie ähnlich deplaciert wirken wie eine von Michelangelos Sibyllen aus
der Sixtinischen Kapelle im bürgerlichen Wohnzimmer.
Interpreten
Wiener KammerOrchester
Yevgeny Chepovetsky, Violine
präsentiert im Rahmen des Förderprogramms »Great Talent«
Yevgeny Chepovetsky wurde 1995 in Riga, Lettland
Julia Hagen, Violoncello
präsentiert im Rahmen des Förderprogramms »Great Talent«
Die 1995 in Salzburg geborene Cellistin Julia Hagen
Aaron Pilsan, Klavier
präsentiert im Rahmen des Förderprogramms »Great Talent«
Aaron Pilsan (* 1995 in Dornbirn, Österreich)
Markus Poschner, Dirigent
Programm
Gioachino Rossini
Sinfonia obbligata a contrabbasso D-Dur (1809)
Ludwig van Beethoven
Konzert für Klavier, Violine, Violoncello und Orchester C-Dur op. 56 »Tripelkonzert« (1803–1804)
***
Franz Schubert
Symphonie Nr. 8 C-Dur D 944 »Große C-Dur-Symphonie« (1825 ?–1828)
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